Radbekleidung: Hightech von der Stange

Radbekleidung: Hightech von der Stange

Einfach nur irgendetwas anziehen reicht nicht – Kleidung ist immer funktionell, vor allem, wenn sie bei Outdoor-Betätigungen wie Radfahren getragen wird. Doch wie genau funktionieren Stoffe, Beschichtung und Membranen?
Der pressedienst-fahrrad unternimmt einen Streifzug durch die Welt der Bekleidung für Aktive.

[pd-f/cg]Wetterfeste Bekleidung gibt es schon lange – man denke nur an Wachsjacke und Friesennerz. Moderne Funktionsbekleidung unterscheidet sich von diesen Vorläufern jedoch in einem wichtigen Punkt: Sie ist multifunktionell, kann also nicht nur eine Sache gut, sondern mehrere.
Anfang der 90er-Jahre kamen Regenjacken auf, die über eine geheimnisvolle Eigenschaft verfügten – sie waren atmungsaktiv. Die alten Jacken waren kaum mehr als Plastiksäcke mit Ärmeln, nun steckte eine Membran im Kleidungsstück, die Feuchtigkeit von innen nach außen dringen lassen sollte. „Die Membran war im Bekleidungsbereich ein echter Meilenstein“, erzählt Stephanie Herrling vom Outdoor- und Radbekleidunghersteller Vaude. „Vor allem, da diese Technologie bald den reinen Sportbereich verließ und sich auch in der Alltagskleidung durchsetzte.“

Eine Folie gegen Schwitzen

Wie muss man sich so eine Membran vorstellen? „Im Prinzip ist das eine extrem feine Kunststofffolie“, erklärt Herrling. „Sie ist halbdurchlässig: Durch ihre feinen Poren können zwar Wassermoleküle hindurch, aber nicht Wassertropfen.“ Schweiß und Kondenswasser, Feuchtigkeit also, die sich sonst über kurz oder lang am Körper und in der Unterkleidung sammeln würde, kann so nach außen dringen – dennoch ist das Kleidungsstück absolut wasserdicht. „Da die Membran sehr fein ist, muss sie dauerhaft fest mit der Oberstofflage verbunden werden“, erklärt Herrling – daher rührt der Begriff „Laminat“.
Membran-Materialien sind in unterschiedlichen Varianten erhältlich. Üblich ist das Zwei-Lagen-Laminat, auch „Oberstofflaminat“ genannt:
Unter dem Verbund aus Oberstoff und Membran liegt lose ein Futterstoff, der die Membran zum Träger hin abdeckt und vor Verschmutzung schützt. Beim 2,5-Lagen-Laminat fehlt der Futterstoff, stattdessen ist an der Innenseite der Membran ein Druck aufgebracht, der die Membran schützt und die Innenseite geschmeidiger werden lässt. Das Kleidungsstück wird durch das Fehlen des Futterstoffs auch leichter. Beim dreilagigen Laminat sind alle Schichten – Oberstoff, Membran und Futterstoff – fest miteinander verbunden. Solche Materialien sind sehr strapazierfähig und in höchstem Maße wasserdicht, können aber etwas steifer ausfallen.
Neben dem Stoff selbst kommt es für die Wasserdichtigkeit in hohem Maße auf Verarbeitung und Zubehörteile an. So müssen die Nähte verschweißt oder verklebt sein und zudem spezielle Reißverschlüsse zum Einsatz kommen – wichtig etwa auch an den Taschen.

Imprägnierung: Wasserabweisende Schicht mit Wermutstropfen

Zwar ist Funktionskleidung mit Membran absolut wasserdicht, wasserabweisend wird sie aber erst durch eine außen aufgebrachte dünne Ausrüstung, besser bekannt als Imprägnierung. Deren Funktion hält jedoch nicht ewig und muss hin und wieder aufgefrischt werden, da sich die Ausrüstung mit der Zeit abnutzt. „Regenwasser perlt dann nicht mehr ab, es bilden sich nasse Flecken im Oberstoff und die Atmungsaktivität der Membran beginnt eventuell zu sinken“, erläutert Stephanie Herrling. „Nachimprägnieren kann man entweder mit speziellen Sprays, die eine schützende Schicht von außen auftragen, oder durch spezielle Waschmittel, die in einem extra Waschgang die wasserabweisende Funktion des Kleidungsstücks wiederherstellen.“ Hier empfiehlt Herrling, unbedingt auf Fluorcarbon-haltige Imprägnierungen zu verzichten, da manche Fluorverbindungen gesundheits- und umweltschädlich sind, insbesondere bei Gebrauch zu Hause. „Imprägnierungen auf Polyurethan- und Silikon-Basis sind umweltverträglicher und leisten vergleichbare Ergebnisse. Beim Thema Erstimprägnierung erlaubt der Stand der Technik noch nicht den Verzicht auf schädliche per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC). Die Erstimprägnierung ab Werk wird dauerhaft auf das Textil aufgebracht und hält erheblich länger als jede Nachimprägnierung. Vaude arbeitet mit Hochdruck an der vollständigen Umstellung auf Fluorcarbon-freie Imprägnierungen“, erläutert sie.
Generell ist ein starker ökologischer Ruck in der Outdoor-Industrie spürbar. Das süddeutsche Unternehmen Vaude achtet bereits seit mehreren Jahren auf eine ressourcenschonende Herstellung seiner Produkte. „Wir verwenden überwiegend nachhaltige Materialien, die meist auch dem strengsten ökologischen Textilstandard „Bluesign“ genügen, ohne dass dabei funktionelle Einbußen bei den Produkten entstehen. Alle unsere verwendeten Membranen sind schon jetzt zu 100 Prozent PFC-frei.“

Softshells: Die Alleskönner unter den Funktionsjacken

Nicht immer muss es eine wasserdichte Jacke sein. Besonders wichtig beim Radfahren ist mindestens ebenso oft ein Windschutz. Diese Aufgabe übernehmen heute Jacken aus Softshell-Material, das je nach Ausführung bis zu 100 % winddicht sein kann. „An unseren Radsportjacken kommt überwiegend Softshell-Material zum Einsatz, das etwa 80 % des Windes vom Körper hält. Der große Vorteil des teilweise winddurchlässigen Stoffes ist seine hohe Atmungsaktivität. Das ist für bewegungsintensiven Sport wie Radfahren perfekt, denn der Wind, der es durch die Jacke schafft, wird abgeschwächt und sorgt für angenehme Kühlung“, erläutert Herrling.
An kälteren Tagen haben sich Softshelljacken bewährt, die mit einer weichen Fleece-Innenseite versehen sind. Diese speichert die Körperwärme und sorgt für ein wohliges Tragegefühl. „Gerade an warmen Softshelljacken sind Belüftungsreißverschlüsse praktisch“, erklärt Dieter Schreiber von Grofa. „So kann man immer wieder mal frische Luft an den Körper lassen.“ Softshelljacken sind in der Regel weich und geschmeidig und dadurch angenehm zu tragen; meist sind sie durch eine Beschichtung auch wasserabweisend. „Bei einem richtigen Guss muss man dann aber eine Regenjacke überziehen“, so Schreiber.

Merino: Ein Naturprodukt erobert die Funktionsbekleidung

„Bedeutend wichtiger als die Kleidungsstücke, welche man mitnimmt, ist jedoch das, welches man während der Fahrt am Körper trägt. Die Unterkleider seien vor allem absolut aus Wolle, und zwar nicht aus Halbwolle, sondern aus bester reiner Schafwolle“, schrieben die Radsportexperten Victor Silberer und George Ernst. Was schon 1885 im „Handbuch des Bicycle-Sport“ ein guter Tipp war, wird seit einiger Zeit wieder verstärkt von Herstellern und Radlern beherzigt. „Direkt auf der Haut getragen wie beim ,Base Layer Crew“ von Giro, ist Merinowolle ein wirklich optimales Material“, urteilt Dieter Schreiber. Auch bei Vaude sind Sportunterhemden aus der weichen Wolle erhältlich, etwa das in Deutschland produzierte „Women“s Seamless Shirt“ aus Merino-Mischgewebe. „Im Unterschied zu synthetischen Fasern kann Merinowolle weitaus mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Auch in feuchtem Zustand fühlt sie sich trocken auf der Haut an und behält ihre wärmende Eigenschaft“, erklärt Stephanie Herrling. Dass Merinowolle anders als die meisten synthetischen Funktionsmaterialien geruchsabweisend ist, gehört zu den weiteren Vorzügen der feinen Wolle – die übrigens, anders, als ein mancher befürchten würde, kein bisschen kratzt.

Zwischen Funktionsunterhemd und Jacke ist noch viel Platz – etwa für ein Radtrikot. „Nach dem klassischen Zwiebelprinzip ist das ein guter Midlayer, der zwischen Baselayer, also der direkt am Körper liegenden Schicht, und der Außenschicht getragen wird“, erklärt Vaude-Fachfrau Herrling. Wichtig sei, dass diese Zwischenschicht aus einem Material bestehe, das Feuchtigkeit gut weiterleitet. „Neben synthetischen Materialien eignet sich auch hierfür Merinowolle, vor allem dann, wenn neben der Funktion auch eine alltagstaugliche Optik gewünscht ist“, erläutert Schreiber.

Schnitt und Haltung

Aufrecht sitzende Alltagsradler kommen mit normal geschnittenen Jacken klar; ein großes Plus ist ein doppelseitiger Reißverschluss, der sich auch von unten aufzippen lässt. So kann die Jacke nach den Seiten fallen und wird nicht von den Oberschenkeln hochgeschoben.
Bei eher sportlicher Haltung auf dem Rad sieht die Sache schon anders aus, erläutert Dieter Schreiber von Grofa: „Jacken, die für Sportler oder schnelle Berufspendler gestaltet sind, sind vorne am Saum etwas kürzer geschnitten, hinten dafür länger. So staucht die Jacke vorne nicht und deckt hinten gut den Lendenbereich ab.“ Wichtig, so Schreiber, sind auch längere Ärmel und genug Bewegungsfreiheit im Schulterbereich. „Mit diesen Merkmalen wird eine Jacke wie das ,Softshell Jacket“ von Giro zu einer echten Radjacke, auch wenn sie dezente Casual-Optik bietet.“ Für mildere Tage bieten sich moderne Produkte wie das „Cycling Wind Shirt“ an – geschnitten wie ein Oberhemd, aber aus einem winddichten, wasserabweisenden Baumwollmaterial gefertigt. Dazu passt etwa die Regenhose im Jeanslook, die Vaude unter dem Namen „Homy Rainpants“ im Sortiment hat.

Stilbewusstsein zieht

Womit wir zu einem wichtigen Punkt kommen: Im Alltag sind grelle Farben out, stilvolle Funktionsbekleidung ist gefragt. Im Sport sind ähnliche Entwicklungen erkennbar, was Giros neue Rennrad-Kollektion „New Road“ erkennen lässt. Hier treffen gedeckte Farben auf legere Schnitte.
Moderne Mountainbike-Bekleidung ist schon seit längerem inspiriert von der Mode des Action-Sports wie Motocross und Surfen. „Lycra-Hosen und klassisch enge Radtrikots sieht man fast nur noch auf Rennveranstaltungen. Für ein Gros der Biker sind funktionelle Baggy-Shorts und farbenfrohe Jerseys en vogue“, so Stephanie Herrling.
Firmen wie Vaude und Giro gehen mit gutem Beispiel voran, wenn es darum geht, zweckmäßige, elegante oder stylische Radbekleidung für den Radler zu entwerfen – und bringen damit ja vielleicht Menschen zum Radfahren, die dem typischen Radler-Look bislang nichts abgewinnen konnten.

Bildrechte: Quelle/Source [´www.vaude.com | pd-f´] Bildquelle:Quelle/Source [´www.vaude.com | pd-f´]

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